Bildnerische Erziehung in der Steiermark

Im Rahmen des Erasmus+ Job Shadowing wurden bereits bestehende Kooperationen mit Grazer Bildungseinrichtungen genutzt, um im Zeitraum vom 28.-29.11.2024 gezielt eine Schule mit dem Schwerpunkt künstlerische Erziehung und Ausbildung sowie die zuständige Fachinspektion Kunst der Bildungsdirektion Steiermark zu besuchen. Ziele des Aufenthalts waren die Entwicklung von Ideen für Austauschprojekte und Gruppenmobilitäten mit kunstpädagogischer Ausrichtung, Einblick gewinnen in innovative und alternative bildnerische Lehr- und Lernansätze, Methoden der Kunstvermittlung im Kontext des schulischen Werdegangs und schulspezifische Besonderheiten. Deshalb besuchten die Kunstpädagogen Riccardo Eichler (Kunstlehrer am Wiprecht-Gymnasium in Groitzsch, Fachberater für Kunst) und Michaela Popp (Kunstlehrerin am Gymnasium Markneukirchen, Fachberaterin Kunst) die Modellschule in Graz und machten sich mit dem Schul- und kunstpädagogischen Konzept dieser Einrichtung vertraut. Bei der Modellschule handelt es sich um ein privates Gymnasium mit bildnerischem Schwerpunkt. Damit hat die Modellschule ein Alleinstellungsmerkmal in Hinblick auf die künstlerische Ausbildung ihrer Schülerinnen und Schüler innerhalb der Steiermark. In fünf Wochenstunden Kunst pro Woche werden hier in Räumlichkeiten mit Ateliercharakter teils sehr komplexe künstlerische Techniken im Zusammenspiel mit kunsthistorischem Wissen vermittelt. Das Besondere dabei ist, dass in den Klassenstufen 5-8 grundsätzlich im Team (d. h. zwei Kunstpädagogen sind für eine Klasse zuständig) unterrichtet wird, wodurch eine individuelle Förderung der Schüler und Schülerinnen ermöglicht wird. Dies trägt – ebenso wie das im Alltag übliche „Du“ zwischen Lehrern, Schülern und Eltern – zu einer sehr familiären und vertrauensvollen Atmosphäre bei, die Schule nicht nur zum Lern-, sondern auch Lebensraum für alle Angehörigen der Schulfamilie macht. Besonders an der Modellschule ist weiterhin ein alternatives Bewertungssystem, welches bis zum Eintritt in die Oberstufe mit schriftlichen Einschätzungen in Hinblick auf das Erreichen von Lernzielen statt mit Ziffernnoten operiert. Das Ablegen der Matura im Fach Kunst ist für die Schüler und Schülerinnen der Modellschule Graz verpflichtend, in den Aufgaben wird der Schwerpunkt ähnlich wie im sächsischen Abitur auf die künstlerische Praxis und das Reflektieren der bildnerischen Entscheidungen gelegt. Weiterhin gehören zum Alltag der Ganztagsschule fächerübergreifende sowie theaterpädagogische Projekte ab Klassenstufe 5 sowie internationale Kooperationen im Rahmen von Erasmus+. Perspektivisch strebt die Modellschule auch eine Kooperation mit einem sächsischen Gymnasium an, erste Annäherungen werden durch die Möglichkeiten des Job-Shadowings in Sachsen erfolgen. Im Kontext ihres Aufenthaltes an der Modellschule sprachen die Pädagogen aus Sachsen auch mit Andrea Winkler. Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin an der Modellschule ist sie auch Fachinspektorin für Kunst und Gestaltung/Technik und Design in der Bildungsdirektion Steiermark. Sie informierte sehr umfassend über den Stellenwert der künstlerischen Ausbildung im Kontext des österreichischen Schulsystems. Mit großem Interesse nahmen die Kollegen aus Sachsen zur Kenntnis, dass die künstlerische Ausbildung in Österreich – anders als in Sachsen – in fast allen Schulstufen zweistündig erfolgt, wobei sich Ziele und Inhalte von Lehrplänen durchaus ähneln. Gerade wird in Österreich ein neuer Lehrplan mit einem Schwerpunkt auf Kompetenzorientierung etabliert. Parallelen zum sächsischen Lehrplan mit seinem Schwerpunkt auf künstlerischer Praxis in der Einheit von Produktion, Rezeption und Reflexion konnten mit den österreichischen Kollegen herausgearbeitet werden, wodurch ideale Grundlagen für Kooperationen von österreichischen und sächsischen Schulen gegeben sind. Als überaus bereichernd für die eigene kunstpädagogische Praxis nahmen Riccardo Eichler und Michaela Popp auch den Besuch der Ortweinschule Graz wahr. In der Ortweinschule können besonders begabte Schüler und Schülerinnen ab 14 Jahren einen künstlerischen Beruf erlernen und parallel dazu ihre Matura ablegen. Anlässlich des „Open house“ konnten hier verschiedene Ausstellungen besucht und inspirierende Gespräche mit Lernenden und Lehrenden der Ortweinschule geführt werden. Auch mit dieser Schule sind künftige Kooperationen im Bereich Erasmus+ denkbar und werden angestrebt. Die Reise erwies sich als außerordentlich gewinnbringend und half, die gemeinsamen Pläne zu interkulturellen künstlerischen Projekten und länderübergreifender Zusammenarbeit zu forcieren und konkret umzusetzende Vorhaben zu entwickeln.

Riccardo Eichler und Michaela Popp